Diagnostik - wie wird Mukoviszidose festgestellt?

In der Regel wird Mukoviszidose bei den betroffenen Kindern in den ersten Wochen nach der Geburt festgestellt. Denn der Test auf die Erkrankung ist seit September 2016 Teil des Neugeborenen-Screenings. Nach einem auffälligen Ergebnis im Neugeborenen-Screening ist eine weiterführende Diagnostik – der sogenannte Schweißtest – nötig, um Mukoviszidose nachzuweisen. Auch bei älteren Kindern, die unter häufigen Entzündungen der Atemwege und Untergewicht leiden, sollte ein Schweißtest durchgeführt werden.



In folgenden Fällen wird eine weiterführende Diagnostik empfohlen

  • bei einem positiven Neugeborenen-Screening
    Jedes Neugeborene in Deutschland wird nach der Geburt auf angeborene Stoffwechselerkrankungen untersucht. Auch ein Test auf Mukoviszidose ist Teil dieses Neugeborenen-Screenings. Ist das Ergebnis auffällig, sollten die Eltern sich an eine spezialisierte Mukoviszidose-Einrichtung wenden, wo die weiterführende Diagnostik durchgeführt wird.

    Wird Mukoviszidose früh erkannt, kann sofort mit der notwendigen Therapie begonnen werden. Dies verbessert nachweislich die körperliche Entwicklung der betroffenen Kinder und das wirkt sich positiv auf den gesamten Krankheitsverlauf aus. Seit dem 1. September 2016 werden daher alle Neugeborenen nach der Geburt auf Mukoviszidose getestet.

    Für die Untersuchung wird eine kleine Blutprobe entnommen, die auf eine Papierkarte getropft und an ein Screening-Labor geschickt wird. Das Screening-Labor führt einen bis zu dreistufigen Test aus IRT- (Immunreaktives Trypsin), PAP- (Pankreatitis assoziierte Protein) und Gentest durch. Das Blut wird dabei auf das Vorhandensein bestimmter Eiweiße (IRT und PAP) untersucht.

    Das Screening gilt als auffällig wenn:
    der IRT-Wert besonders stark erhöht ist, oder sich erhöhte Werte in IRT- und PAP-Test ergeben und mindestens eine Genveränderung gefunden wird. In diesen Fällen muss eine Bestätigungsuntersuchung, in der Regel ein Schweißtest, durchgeführt werden. Dies sollten Sie in einer zertifizierten Mukoviszidose-Einrichtung machen lassen. Nur bei etwa einem von fünf auffälligen Screening-Befunden bestätigt sich tatsächlich die Diagnose Mukoviszidose!

    Um bewerten zu können, wo der Screening-Ablauf vielleicht noch verbessert werden kann, sind alle Ärzte, die Schweißtests nach einem auffälligen Screening-Ergebnis durchführen, dazu aufgerufen, die Ergebnisse (natürlich mit Genehmigung der betroffenen Eltern) den zuständigen Screening-Laboren zur Verfügung zu stellen. Dort werden alle Daten zum Screening gesammelt und können gemeinsam ausgewertet werden.
  • bei Geschwistern mit der Diagnose Mukoviszidose
  • bei mindestens einem klinischen Hinweis auf Mukoviszidose (z.B. chronischem Husten, chronische Nasennebenhöhlenentzündung, bestimmte Verdauungsprobleme, Mangelernährung)


Die Diagnosestellung besteht aus zwei Teilen

Für die Diagnose der Mukoviszidose muss zusätzlich zu den genannten Hinweisen eine Funktionsstörung des CFTR-Salzkanals nachgewiesen werden. Dies ist mit den folgenden Tests möglich:

  • Schweißtest
    Der Schweißtest ist der so genannte Goldstandard für die Diagnose von Mukoviszidose. Der Nachweis beruht auf dem erhöhten Kochsalzgehalt (Natrium-Chlorid) im Schweiß der Betroffenen. Gemessen wird die Chloridkonzentration. Werte über 60 mmol/l bestätigen den Verdacht einer Mukoviszidose.

    Bei einem Schweißtest werden zunächst die Schweißdrüsen mit Pilocarpin stimuliert: Auf dem Unterarm wird ein Mullläppchen angebracht und ein leichter Strom angelegt. So gelangt das Pilocarpin gezielt in die Haut und regt den Schweißfluss an. Bei Säuglingen nimmt man statt des Unterarms häufig auch den Oberschenkel. Dieses Verfahren ist auch für Säuglinge völlig ungefährlich und schmerzfrei und kann bereits bei ganz jungen Säuglingen (ab dem 3. Lebenstag, optimal ab dem 14. Lebenstag) durchgeführt werden! Der Schweiß wird dann für 30 Minuten gesammelt. In dem gesammelten Schweiß kann dann der Chlorid-Gehalt gemessen werden.

    Der Schweißtest sollte ausschließlich von erfahrenem Personal (am besten an einer zertifizierten Mukoviszidose-Einrichtung) vorgenommen werden. Wichtig ist, dass er nach den Vorgaben der Leitlinie zur Diagnose der Mukoviszidose durchgeführt wird. Dies ist in den zertifizierten Mukoviszidose-Einrichtungen gewährleistet. Werden die Standardbedingungen, z.B. aufgrund mangelnder Erfahrung, nicht eingehalten, kann es dazu kommen, dass der Schweißtest kein oder ein verfälschtes Ergebnis liefert. Wir empfehlen Ihnen daher, sich nach einem auffälligen Ergebnis im Neugeborenen-Screening an eine zertifizierte Mukoviszidose-Einrichtung zu wenden.

    Bei einer Chlorid-Ionen-Konzentration unter 30 mmol/l ist eine typische Mukoviszidose unwahrscheinlich, eine Chlorid-Ionen-Konzentration von 30-60 mmol/l liegt im nicht aussagefähigen Bereich, Konzentrationen von mehr als 60 mmol/l bestätigen den Verdacht auf Mukoviszidose. Um die Diagnose sicherzustellen, wird der Schweißtest nach einem positiven Ergebnis noch einmal wiederholt.

    Liegt das Ergebnis des Schweißtests im Graubereich oder bestätigt ein positives Ergebnis den Verdacht auf Mukoviszidose, kann ein genetischer Test durchgeführt werden. Dazu wird eine Blutprobe an ein Labor geschickt und auf die häufigsten Genveränderungen für den CFTR-Salzkanal untersucht. Findet man so zwei krankheitsverursachende Genveränderungen, liegt eine Mukoviszidose vor. Ist das nicht der Fall, kann eine erweiterte genetische Diagnostik durchgeführt werden. An einigen Spezialzentren gibt es auch die Möglichkeit, weitere Tests (Potentialdifferenzmessungen) durchführen zu lassen.
  • Gentest
    Wenn die Ergebnisse des Schweißtests mehrmals im Graubereich liegen, kann ein Gentest durchgeführt werden, um das Ergebnis abzuklären. Diese Tests dienen auch dazu, die Art der Mutation zu ermitteln. Für einen Gentest braucht man eine kleine Blutprobe. Wenn Sie einen Gentest durchführen lassen möchten, können Sie sich in einer humangenetischen Beratungsstelle informieren.

    Über 2.000 Mutationen sind bekannt. Man kann einen Gentest mit der Überprüfung eines Wortes auf Fehler oder auf Abweichungen von der üblichen Rechtschreibung vergleichen. Das CFTR-Gen wäre in diesem Bild ein "Wort" mit sehr vielen Buchstaben (rund 6.500). Es verwundert nicht, dass sich bei einem so langen Wort verschiedene Fehler einschleichen können. Nicht alle Veränderungen führen jedoch im gleichen Ausmaß zum Krankheitsbild Mukoviszidose.

    Die häufigste Mutation ist die sogenannte F508del. Sie führt dazu, dass der 508. Baustein des Wortes CFTR (die Aminosäure Phenylalanin, kurz F) im CFTR fehlt. Diese Veränderung kann man eindeutig nachweisen und sie führt zu den typischen Symptomen der Krankheit. Angesichts der vielen unterschiedlichen Veränderungen im CFTR-Gen ist der Nachweis jeder einzelnen sehr aufwändig. Deshalb berücksichtigt der normale Gentest nur die häufigsten Mutationen.

    Es gibt inzwischen Medikamente, die bei bestimmten Mutationen die Funktion des CFTR-Salz-Kanals teilweise wiederherstellen können. Deshalb ist es wichtig, als CF-Betroffener untersuchen zu lassen, welche Mutationen vorliegen. Denn so kann festgestellt werden, ob diese Medikamente für denjenigen in Betracht kommen.

    Jeder kann sich humangenetisch beraten lassen, wenn er eine erbliche Erkrankung wie z.B. Mukoviszidose bei sich selbst oder einem Familienangehörigen vermutet bzw. die Diagnose schon feststeht. Die Kosten werden für gesetzlich Versicherte in der Regel von den Krankenkassen übernommen. Wenn spezielle, teure Testverfahren wie z.B. eine Gensequenzierung des CFTR durchgeführt werden sollen, ist es ratsam, vorab bei seiner Krankenkasse nachzufragen, ob dies im konkreten Fall erstattet wird. In den meisten Fällen ist eine Testung auf die häufigsten genetischen Veränderungen (Mutationen) ausreichend.
    Typische Anlässe für eine humangenetische Beratung sind: Auffälligkeiten im Neugeborenen-Screening auf Mukoviszidose oder Beratung zur Familienplanung oder im Rahmen der Pränataldiagnostik bei Mukoviszidose im Familienkreis.
  • Potentialdifferenzmessung (nPD, ICM)
    In seltenen Fällen leidet ein Patient unter den Symptomen einer Mukoviszidose, aber weder der Schweißtest noch der Gentest bringen eine eindeutige Diagnose. In diesen Fällen können weitere Untersuchungen durchgeführt werden: Dazu gehören die nasale Potentialdifferenzmessung (nPD) oder die intestinale Kurzschlussstrommessung (ICM), die aber nur an spezialisierten Einrichtungen durchgeführt werden.

    Der Gendefekt der Mukoviszidose führt zu einer Störung der Durchlässigkeit für Chlorid-Ionen in den Schleimhäuten. Ionen sind geladene Teilchen. Zwischen unterschiedlich geladenen Teilchen baut sich eine Spannung auf, die man als Potentialdifferenz bezeichnet. Diese kann man messen. Sie ist bei Mukoviszidose-Patienten gegenüber Gesunden verändert. Eine Potenzialdifferenzmessung wird typischerweise an der Nasenschleimhaut (Nasal-Potenzial-Differenzmessung / nPD) durchgeführt, denn bei der Mukoviszidose sind auch die Drüsen der Nasenschleimhaut von der Störung im Salztransport betroffen.


Dabei ist der Schweißtest die sicherste und zuverlässigste Methode. Erst wenn hier kein eindeutiges Ergebnis erzielt wird, werden die anderen Methoden angewandt.



Diagnostik in der Entwicklung

Patientenindividuelle Testung von CFTR-Modulatoren an Organoiden? Spezielle Mini-Organe, die die Wissenschaftler Organoide nennen, sollen Wirksamkeitstests von neuen Medikamenten auch bei Patienten mit sehr seltenen Genveränderungen (Mutationen) möglich machen. Ob sich diese Idee auch umsetzen lässt, wird gerade in Studien (z.B. Hit-CF) untersucht.
Viele neue Medikamente zur Behandlung der Mukoviszidose sind in der Entwicklung. Aber es gibt über 2.000 verschiedene Genveränderungen im CFTR-Salz-Kanal (Mutationen) und gerade bei sehr seltenen Mutationen kann man kaum klinische Studien durchführen, um herauszufinden, ob das neue Medikament in diesen sehr speziellen Fällen wirkt. Entsprechend stehen solche neuen Medikamente Patienten mit seltenen Mutationen bislang nicht zur Verfügung.
Abhilfe schaffen könnten patientenindividuelle Medikamententests. Dabei wird untersucht, ob ein neues Medikament bei einem bestimmten Patienten wirkt. Dies kann sogar geschehen, ohne dass der Patient selbst das neue Medikament einnehmen muss. Lediglich einige Zellen des Patienten werden benötigt. Diese können bspw. bei einer Darmbiopsie entnommen werden.
Das derzeit untersuchte System für solche Medikamententests sind so genannte Organoide. Organoide sind Mini-Organe, die die Wissenschaftler im Labor aus Zellen des Patienten herstellen können. In diesem System kann man dann testen, ob ein neues Medikament wirkt oder nicht. Erste solche Versuche werden in den Niederlanden durchgeführt.

 
 
 
E-Mail
Anruf